Sonntag, 21. Oktober 2007

Das Gottesgnadentum der Monarchie

Das Gottesgnadentum der Monarchie gilt heute als ein - glücklicherweise längst überwundenes - Märchen für die Dummen. Dabei ist die viele Jahrtausende alte und rund um den Globus verbreitete Monarchie von Gottes Gnaden die einzig mögliche Form von Regierung überhaupt. Alles andere ist keine Regierung, sondern Revolution. Das Naserümpfen über das Gottesgnadentum der Monarchie ist ein Zeichen von staatstheoretischem Dilettantismus.

Die elementarste Wahrheit der Staatstheorie ist, dass die menschliche Natur - ähnlich wie das ganze Universum - aus zwei entgegengesetzten Komponenten besteht. Man spricht von Seele und Leib, Geist und Körper, Vernunft und Sinne u.ä. Wer diese Wahrheit akzeptiert, kommt bei logischem Denken zur Monarchie von Gottes Gnaden. Denn der springende Punkt bei der Zusammensetzung der menschlichen Natur aus Seele und Leib ist, dass die Seele etwas kollektives und nur der Körper etwas individuelles ist. Als etwas immaterielles ist die Seele nicht zerstückelbar und begrenzbar. Der Seele Grenzen kannst du nicht auffinden, auch wenn du gehst und jede Straße abwanderst ... sagt Heraklit (Fr. 45). Daraus folgt aber, dass es im Grunde nicht viele Einzelseelen, sondern nur eine allen gemeinsame Seele geben kann. Umgekehrt beruht auch alle politische Gemeinschaft auf der gemeinsamen Seele oder, etwas anders gesagt, auf der gemeinsamen Wurzel aller Einzelseelen. Da die Seele normalerweise mit Hilfe der individuellen Sinne nach außen aufs Objekt und nicht nach innen auf sich selbst schaut, so kann sie ihr überindividuelles - sagen wir ruhig, nationales - Wesen nur ausnahmsweise erkennen.

Das führt zu der Frage, wie denn unter diesen Umständen die Seele den Leib beherrschen kann. Die Antwort ist, dass eine solche Herrschaft bei der überindividuellen Natur der Seele nur auf überindividueller Ebene, d.h. nur auf der Ebene der Gesellschaft als eine Herrschaft der Regierung über das Volk möglich ist. Die elementarste Aufgabe der Regierung ist es also, der Seele zur Herrschaft über den Leib zu verhelfen. Wenn die Herrschaft der Seele über den Leib nicht auf dem Wege der Staatsverfassung und der Politik stattfindet, so findet sie überhaupt nicht statt.

Es ist sehr schwer zu sagen, was Seele und Leib, Geist und Körper, Vernunft und Sinne usw. eigentlich sind. Das gilt auch für die entsprechenden Komponenten des Universums wie Gott und Welt, Himmel und Erde, Jenseits und Diesseits usw. Das einzige, was man mit einiger Sicherheit sagen kann, ist, dass Seele, Geist, Vernunft, Gott, Jenseits usw. irgendwie identisch sind, so wie auch Körper, Sinne, Welt, Diesseits usw. eng zusammenhängen und in ein und dieselbe Schublade gehören.

Wenn man das Verhältnis von Regierung und Volk letzten Endes auf das Verhältnis von Seele und Leib zurückführt, so ist man unter diesen Umständen schon bei einer Regierung von Gottes Gnaden angekommen - die Seele und Gott sind ja mehr oder weniger identisch -, man befindet sich aber doch erst auf halbem Wege zur Monarchie. Es muss nämlich noch ein wichtiger Punkt berücksichtigt werden. Seele und Leib sind diametral entgegengesetzte Dinge, und das hat zur Folge, dass sich der einzelne Mensch nicht mit seiner Seele und mit seinem Leib zugleich, sondern nur entweder mit seiner Seele oder mit seinem Leib identifizieren kann. Das hat nicht das geringste mit gut und böse zu tun, es ist eine Frage der sozialen Arbeitsteilung. Als Ergebnis dieser Arbeitsteilung entstehen so etwas wie der Typ von Don Quixotte und der Typ von Sancho Pansa. Das sind der Adel und das Bürgertum.

Damit das Verhältnis von Regierung und Volk dem Verhältnis von Seele und Leib entsprechen kann, muss der Teil der Gesellschaft, der sich wie Don Quixotte ausschließlich mit dem Geist identifiziert über den Teil der Gesellschaft herrschen, der sich wie Sancho Pansa ausschließlich mit dem Körper identifiziert. Es muss also der Adel mit dem König an seiner Spitze über das Bürgertum herrschen. - Ich gebe gern zu, dass sich auch der Bürgerliche mit dem Himmlischen und auch der Adelige mit dem Irdischen identifizieren kann. Aber das ist dann so, als ob die Frau Hosen und der Mann einen Rock trägt. Das ist durchaus möglich, aber es widerspricht einer sinnvollen sozialen Arbeitsteilung.




























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